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Im Jahr 1966 veröffentlicht der US-amerikanische Wirtschaftswissenschaftler Kenneth E. Boulding den Aufsatz Economics of the Coming Spaceship Earth.
Darin stellt Boulding dem in den westlichen Industrieländern vorherrschenden, von ihm als Cowboy Economy bezeichneten Wirtschaftsmodell ein alternatives Modell – die Spaceman Economy – gegenüber.
Er wirft die Frage auf, ob wir den Planeten Erde als offenes und demnach unbegrenztes oder vielmehr als geschlossenes, begrenztes System begreifen müssen. Und weiterhin, ob unser Wirtschaftsmodell in das System Erde passt oder aber auf einer falschen Prämisse beruht – der vermeintlichen Unbegrenztheit der natürlichen Ressourcen.
Folgt man den Ausführungen Bouldings, so ist der Planet Erde nicht nur physisch, sondern auch ökonomisch als geschlossenes System zu sehen, in welchem keine fortwährende, unbegrenzte Ausdehnung möglich ist. Die von ihm als Modell für die Zukunft beschriebene Spaceman Economy berücksichtigt die Begrenztheit natürlicher Quellen und Senken.
Die wirtschaftliche Entwicklung manifestiert sich in der Art, Menge, Qualität und Komplexität des Kapitalstocks – einer Bestandsgröße. Ziel der Spaceman Economy sind Erhalt und Ausbau dieses Kapitalstocks.
Damit hat Boulding in seinen Economics of the Coming Spaceship Earth bereits vor über einem halben Jahrhundert das Konzept der Circular Economy in seinen Grundzügen beschrieben.
Die Weltbevölkerung nutzt heute bereits die erneuerbaren Ressourcen von umgerechnet 1,75 Planeten
Es gibt nur einen Planeten Erde, aber wir verhalten uns, also würden uns mehrere davon zur Verfügung stehen. Heute nutzt die Weltbevölkerung bereits die erneuerbaren Ressourcen von umgerechnet 1,75 Planeten. Wir verbrauchen die uns zur Verfügung stehenden Ressourcen schneller, als sich diese regenerieren können.
Wenn wir nicht gegensteuern, wird der weltweite Verbrauch bis zur Mitte des Jahrhunderts ein Niveau erreichen, als ob wir drei Planeten Erde hätten.
Anstatt von den Zinsen zu leben, zehren wir unser natürliches Kapital auf und berauben uns damit langfristig unserer Lebensgrundlagen.
Heute existieren eine Vielzahl verschiedener Definitionen dessen, was unter einer Circular Economy zu verstehen ist. Es gibt nicht die eine, allgemein anerkannte Beschreibung.
Viele der heute verwendeten Definitionen einer Circular Economy sind allerdings eng an Bouldings Spaceman Economy angelehnt: Ausgehend von der Prämisse der Begrenztheit der natürlichen Ressourcen verfolgt eine Circular Economy die Zielsetzung, die Entnahme von Rohstoffen aus natürlichen Quellen und die Belastung natürlicher Senken durch Abfälle und Emissionen gleichermaßen zu minimieren.
Produktion und Konsum sollen innerhalb der Belastungsgrenzen des Planeten gehalten werden.
Um ihre Zielsetzungen zu erreichen, verfolgt die Circular Economy zwei grundsätzliche Strategien:
Value Retention – den Wert und Nutzen aller Produkte und Materialien zu jedem Zeitpunkt auf einem möglichst hohen Niveau halten.
Closed Loops – das Arbeiten in geschlossenen Stoffkreisläufen.
Die im Kontext der Circular Economy häufig verwendeten Begriffe refuse, reduce, reuse, repair, refurbish, remanufacture, recycle sind jeweils Teil einer der beiden Strategien.
»In a circular economy the value of products and materials is maintained for as long as possible; waste and resource use are minimised, and resources are kept within the economy when a product has reached the end of its life, to be used again and again to create further value.«
Europäische Kommission (2015)
Der Verbrauch natürlicher Ressourcen hat sich seit 1970 auf über 102 Milliarden Tonnen mehr als verdreifacht
Der Verbrauch natürlicher Ressourcen (Biomasse, nicht-metallische Mineralien, Metallerze und fossile Brennstoffe) hat sich seit 1970 auf über 102 Milliarden Tonnen mehr als verdreifacht. Ein Großteil davon geht unserer Wirtschaft heute nach einer einmaligen Nutzung verloren. Laut dem Circularity Gap Report verbleiben weltweit nur 8,6% der Ressourcen im Kreislauf, werden also wiederverwertet und stehen der Wirtschaft zur erneuten Nutzung zur Verfügung. Unter Fortführung des »business as usual« dürfte sich der weltweite Ressourcenverbrauch in den kommenden 40 Jahren nochmals verdoppeln, während das jährliche Abfallaufkommen bis 2050 um 70% steigen könnte.
Das seit den 50er Jahren mit dem Beginn des Massenkonsums exponentiell gesteigerte Wachstum unserer Wirtschaft basiert auf dem Einsatz billiger fossiler Energie und dem Verbrauch natürlicher Ressourcen.
Die Folgen unserer Art zu Wirtschaften werden sichtbar in der sich verschärfenden Klimakrise, der Zerstörung von Ökosystemen und der rasanten Beschleunigung des Artensterbens.
Mehr als 55% der globalen Treibhausgasemissionen, bis zu 40% der gesundheitsbezogenen Auswirkungen der Feinstaubbelastung und mehr als 90% des auf die Landnutzung zurückzuführenden Verlustes an Biodiversität lassen sich nach Aussage des International Resource Panel der Vereinten Nationen heute auf die Gewinnung und Verarbeitung von Ressourcen zurückführen.
Ein nachhaltigerer Umgang mit den natürlichen Ressourcen unseres Planeten ist zwingend notwendig. Ein Modell der regenerativen Entwicklung, das dem Planeten mehr zurück gibt, als es ihm nimmt.
Nicht nur der Zustand der Ökosphäre gibt Anlass zur Besorgnis. Weltweit sieht sich die Wirtschaft mit der Herausforderung zunehmend knapper werdender Ressourcen konfrontiert. Ressourcen, auf denen unser Wohlstand und das Funktionieren unserer Gesellschaft beruht.
Um uns langfristig unsere Handlungsfähigkeit zu erhalten und unseren Wohlstand nicht zu gefährden, müssen wir einen nachhaltigeren Umgang mit den begrenzten Ressourcen unseres Planeten lernen.
Rund 8 Millionen Tonnen Plastik gelangen jedes Jahr in die Weltmeere – das entspricht einem voll beladenen Müllwagen jede Minute
Laut der Studie »The New Plastics Economy – Rethinking the future of plastics« schwimmen heute bereits 150 Millionen Tonnen Plastikmüll in den Meeren. Die Produktion von Plastik hat sich in den vergangenen 50 Jahren verzwanzigfacht. In den kommenden 20 Jahren soll sich diese Menge nochmals verdoppeln. Wenn sich an unserem Umgang mit Plastik nicht wesentlich etwas ändert, könnten sich bis 2050 mehr als 850 Millionen Tonnen in den Meeren angesammelt haben und damit die Masse aller im Meer lebenden Fische übersteigen.
Die Produkte einer Circular Economy sind ressourcen- und energieeffizient in ihrer Herstellung und ermöglichen eine hohe Nutzung.
Sie zeichnen sich durch ihre Langlebigkeit aus, sind wieder- und weiterverwendbar und für wirtschaftliche Reparaturen ausgelegt.
Zirkuläre Produkte erlauben wirtschaftliches Recycling und sind für die Gewinnung hochwertiger Sekundärrohstoffe optimiert.
Erreicht ein Produkt das Ende seiner Lebenszeit, stehen die darin gebundenen Werkstoffe der Wirtschaft zur erneuten Nutzung zur Verfügung.
An die Stelle langer und fragiler Lieferketten treten geschlossene, lokal verankerte und resiliente Kreisläufe.
Zirkuläre Geschäftsmodelle vom Typ »product as a service« trennen den Nutzen vom Besitz eines Produktes und bieten die Chance für eine zunehmende Dematerialisierung der Wirtschaft.
Die wirtschaftliche Entwicklung wird von der Entnahme begrenzter Ressourcen entkoppelt.
Zirkuläre Geschäftsmodelle sind längst in unserem Alltag angekommen. Das Streamen von Musik und Filmen zum Beispiel ist für uns selbstverständlich geworden. Wir müssen keine CD mehr kaufen, kein Album mehr besitzen, um unsere Musik zu hören. Die verschiedenen Streamingdienste und Mediatheken eröffnen uns den Zugang zu mehr Filmen und Dokumentationen, als die umfangreichste DVD-Sammlung enthalten könnte.
Diese Entwicklung wurde durch die Digitalisierung möglich. Der Nutzen einer Sache wird vom Besitz getrennt.
In der Digitalisierung liegt die Grundlage für die Entwicklung weiterer zirkulärer Geschäftsmodelle. Die Möglichkeiten sind hier nahezu unbegrenzt.
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Stand: 13. Oktober 2022